Erzaehlungen by Arthur Schnitzler
Autor:Arthur Schnitzler [Schnitzler, Arthur]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-06T05:00:00+00:00
VI
Der Herbst stürmte dahin, der Winter glitt vorbei. Dionysia wußte, daß seit jener Nacht vor dem letzten Kampf in ihrem Schoß ein neues Wesen keimte; und so fühlte sie sich dem hingeschiedenen Geliebten wie dem Leben selbst neu und hoffnungsreich verbunden.
Im Frühling brachte sie einen Knaben zur Welt, und da er zum erstenmal an ihrer Brust trank, zog auch das erste Lächeln über Dionysias Antlitz. Reiche Geschenke von des Grafen Mutter, von anderen Anverwandten, ja vom Fürsten selbst, wurden dem Söhnlein des Helden in die Wiege gelegt. Als Dionysia das Bett verließ, war ihr, als müßte sie sich zum erstenmal wieder in Weiß kleiden; und in hellen, leicht bewegten Falten, wie das duftige Gewand, fühlte sie auch den lauen, blütenschweren Tag um sich fließen. Über ihrem jungen Haupt, das schon so viel Erinnertes und so viel Vergessenes barg, hing von Zukunft schwer ein neuer lebensblauer Frühling. Noch warf sie sich nicht selbst in den Strom des Daseins, doch ließ sie es zu, daß er bis an ihre Füße heranrauschte. Ein Fest, das das Volk des Landes feierte, zog sich in ihre Nähe. Mit Anteil betrachtete sie einen Reigentanz, der auf der Waldwiese statthatte. Der Heldenwitwe, die selbst eine Heldin war, hielt man sich anfangs in Ehrfurcht fern. Bald aber nahm sie Huldigungen entgegen, die ihr von der begeisterten Jugend des Landes dargebracht wurden, und selbst das geheimnisvoll Unaufgeklärte ihrer Herkunft lag wie ein goldener Glanz über ihrer gepriesenen Stirn.
Zu Beginn des Winters bezog sie das Schloß des verstorbenen Grafen, das als ihr natürliches Eigentum angesehen wurde. Dort waltete sie, anfangs nur mütterlichen Pflichten hingegeben, zurückgezogen und still. Endlich aber öffneten sich die Türen, zuerst nur für die gräfliche Verwandtschaft, später auch für den Anhang der Familie und für entferntere Freunde, und bald war von den durch Geburt oder Verdienst Ausgezeichneten niemand im Lande, der es unterlassen hätte, der unbegreiflichen und hohen Erscheinung Bewunderung und Liebe auszudrücken. Daß auch der Fürst in eigener Person sich einstellte, war keinem verwunderlich. Von Dionysias rätselhafter Anmut bewegt, kam er wieder, der Schimmer seiner Macht drang aus seinen jungen Blicken in ihre erwachten Sinne; das traumhaft stolze Bewußtsein eines unerhörten Geschicks überströmte aus ihrem Wesen in sein Blut. Und keine Bedenken, denen Geringere unterworfen sein mochten, setzten beider Wünschen sich entgegen, als der Fürst, seines angetrauten Weibes vergessend, Dionysia das glühende Geschenk seiner Liebe bot. –
Zuerst wurde auch diese Wendung in der nächsten Umgebung und rings im Land ohne Widerspruch und üble Nachrede, ja von manchen und nicht nur von Schmeichlern und Höflingen, wie etwas Natürliches und Erlaubtes hingenommen. Die erste, die sich abwandte, betroffen, aber stumm, war die Mutter des Grafen. Einige Verwandte folgten ihrem Beispiel und mieden fortan Dionysias Nähe. Dann erst war es der engere Kreis der Fürstin, der anfing, sich verletzt zu zeigen, zu einer Zeit, da die Fürstin selbst noch fern davon war, ihres Gatten Beziehungen zu der fremden Frau für andere als freundschaftliche anzusehen. Doch als jener die Wahrheit kund ward, schloß sie sich ohne ein Wort der Aussprache,
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